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Nichts bleibt


„Achten ist ein genauer Beobachter menschlicher Erschütterungen, und wie er obendrein die Natur beschreibt, ist einfach nur wunderschön.“

 

– Bernhard Aichner, buchreport.de

Leseprobe

In der Nacht kam Regen auf. In den Buchen rauschte der Wind. Äste flirrten über das Dachfenster. Manchmal drang der Mond durch die Wolken, warf Licht auf die Schallplatten und CDs, die verstreut auf den Dielen, dem Sofa lagen. Ein Schimmern auf den Bildern und Fotografien. Eine Flusslandschaft. Weiden, Birken, das Wasser voll Sonnensprenkel. Franz Marcs Blaue Pferde. Der Plattenteller drehte stumm vor sich hin. Ich öffnete das Fenster. Die Luft war warm und feucht. Aus dem Wald drang das Rufen der Käuze herüber. Weit entfernt auf einem der Höfe schlug ein Hund an. Wie immer horchte ich in die Nacht. Das Surren von Fahrradreifen auf dem Waldweg blieb aus. Ich hatte es hören können, spät am Abend, wenn ich auf den Jungen gewartet hatte, müde und wütend, da er länger als vereinbart weggeblieben war. Eine Wut, die verrauchte, wenn der Fahrradständer draußen klackte und der Schlüssel im Schloss gedreht wurde. Eine Müdigkeit, die verschwand, wenn die Eier im heißen Öl in der Pfanne aufzischten. Der Junge hatte Appetit. Die Fahrt vom Dorf zu uns hinaus war weit. Der Junge verließ uns vor einem Jahr.

Ich las ein paar Seiten, trank einen Schluck, manchmal fand ich Schlaf, diese Nacht nicht. Ich ging zum Schreibtisch, verglich am Computer die Grauwerte der Fotos, verlorene Orte, ein Waisenhaus in den Bergen, Mauerbögen, auf denen das Gras steht. In den Bettensaal fällt ein Winterlicht, Matratzen gepudert von Staub und Dreck, auf den Fensterbänken gedeihen Birken und Erlen, unter den Betten regenschimmelige Rechnungsbücher. Ein Chemiewerk, aufgezwirbelte Kabelstränge, die von den Decken hängen und durch die Luft zu wachsen scheinen, eine Wanduhr, die Zeiger eingerostet auf dem Stundenblatt. Ich hörte, dass Vater sich im Bett umdrehte. Die Geschossdecken waren aus Holz und nicht gedämmt. Ich hoffte, Vater fand Schlaf. Der Schlaf schützte ihn vor dem Kummer. Seit der Junge fort war, arbeitete Vater wieder, fuhr Brot für eine Bäckerei aus, die einmal seine eigene gewesen war. Er hatte sie nach dem Tod meiner Mutter verkauft, sich zu uns auf den Hof zurückgezogen. Jetzt nahm er jede Schicht an, fuhr am frühen Morgen, auch am Abend die Filialen ab, lieferte aus, nahm die Retourware an, das Brot, den Kuchen vom Vortag. Ware, die kaum jemand essen wollte. W i r aßen das alte Brot. Man wirft kein Brot weg, sagte Vater. So hatten wir es früher auch gehalten. Weniger aus Geiz, sondern weil das Brot für Vater, nicht für mich, nicht für meine Mutter, auf eine überhöhte Art kostbar gewesen war, und es immer noch war. Wieder schlug ein Hund an. Es musste der Hund vom Nachbarhof sein. Ein Blaffen, das sich steigerte, heiser wurde. Der Hund geriet außer sich. Ich stand auf, griff nach meiner Jacke.

Rezensionen

 

In seinem Krimidebüt „Nichts bleibt“ erzählt Willi Achten von einem Kriegsfotograf, der von Rachegelüsten aufgefressen wird. Ein sprachlich starker, eindrücklicher Roman. Die Gebirgslandschaft, die Willi Achten mit Worten malt, durch einen Herbst, einen Winter und eine Schneeschmelze hindurch, ist sprachlich selten stark und eindrücklich.

Werner van Bebber, Tagesspiegel, Berlin

Der Autor schildert in poetischer Sprache, wie die geschulten Augen eines Fotografen die Welt sehen, ihre Gräuel im Krieg wie ihre kleinen und großen Wunder im Wald und am Berg. Willi Achten hat lange an seinem Text gearbeitet, der von einer herzergreifend düsteren Schönheit ist.

Rainer Rönsch, Sächsische Zeitung, Dresden

Achten schreibt in eindringlichen Bildern, mit klar ausgeleuchteten Charakteren und kraftvollen Naturschilderungen. Ein packender Roman. Warum man 'Nichts bleibt' im Flugzeug lesen sollte? Vielleicht weil auch dieser Roman vom Flug der Seele erzählt. (va)

Hamburger Abendblatt, 21.07.2017

Ein eleganter Roman, eine sehr verdichtete Sprache.

Antje Deistler im Deutschlandfunk, Büchermarkt, 28.02.2017

Sprachlich sehr präzise und mit intensiven Bildern versehen, ist auch dieser Roman kein Krimi nach vorhersehbarem Muster, sondern das Psychogramm eines Mannes, der zu lange in den Abgrund der Gewalt gesehen hat, um sich davon befreien zu können

Kirsten Reimers in Frankfurter neue Presse, 30.03.2017

Achten ist ein genauer Beobachter menschlicher Erschütterungen, und wie er obendrein die Natur beschreibt, ist einfach nur wunderschön.

Bernhard Aichner in buchreport.de

Willi Achten zeichnet das Psychogramm seines verzweifelten und zunehmend unkontrolliert gewalttätigen Protagonisten mit starken, wuchtigen Bildern und Sätzen. Nicht nur die aufwühlenden inneren Monologe, auch die intensiven Naturbeschreibungen fallen auf.

Lukas Jenker in Stuttgarter Nachrichten, 07.06.2017

Sprachlich sehr präzise und mit intensiven Bildern versehen, ist auch dieser Roman kein Krimi nach vorhersehbarem Muster, sondern das Psychogramm eines Mannes, der zu lange in den Abgrund der Gewalt gesehen hat, um sich davon befreien zu können.“

Kirsten Reimers. Frankfurter Neue Presse 30.3.17

Willi Achten mutet dem Leser in seinem neuen Roman 'Nichts bleibt' einiges zu. Er zeichnet das Psychogramm einer verletzten und verletzlichen Seele. Vordergründig ist das ein Krimi. Doch so leicht lässt sich dieser starke, sperrige Roman in keine Genre-Schublade packen. Achten verzichtet auf die üblichen Krimi-Tricks. Der Erzählfluss ist ruhig, mitunter fast bedächtig. Die Sprache ist nicht effekthascherisch, sondern klar und prägnant. Vieles hat lyrische Eleganz - zwar sieht sich Achten eher als Prosa-Autor, hat aber auch schon preisgekrönte Ausflüge in die Lyrik gewagt. Auch formal bricht der Roman mit Konventionen: Konsequent verzichtet Achten auf An- und Abführungsstriche, um wörtliche Rede kenntlich zu machen. So verschwimmen die Grenzen zwischen Dialog und innerem Monolog. Auch deswegen entfaltet der Roman eine beklemmende Dichte und Intensität, die durch abrupte Zeit- und Szenenwechsel noch gesteigert wird. An einer Stelle schwelgt der Leser mit der Hauptfigur in einem niederrheinischen Wald-Idyll, um dann nahtlos in die Gräuel des bosnisch-serbischen Bürgerkriegs gerissen zu werden, wo Mathys als Fotograf tätig war.

Jochen Smets in Rheinische Post. 29.3.17

Der neue Roman des angesehenen Lyrikers und Romanciers Willi Achten, 'Nichts bleibt', erscheint ausdrücklich als Kriminalroman, was viele überraschen wird. Er beginnt tatsächlich mit einer Schießerei und damit, dass ein alter Mann beinahe totgeschlagen wird. Dina Netz: 'Das Psychodrama eines beschädigten, traumatisierten Mannes auf einem Rachefeldzug. Eine archaische Welt voller Brutalität und Gewalt, die Willi Achten beschreibt, eine trostlose Männerwelt. Der Lyriker findet dafür aber wunderbare Worte, das macht den Roman besonders. Sehr dichte, präzise Sprache. Achten schlägt verschiedene Töne an, aber immer die richtigen. Ein aufregendes, ein ungewöhnliches Buch, aber nicht unbedingt ein Krimi. Eigentlich findet das Drama in Herz und Seele der Hauptfigur statt.' Antje Deistler: 'Ein eleganter Roman, eine sehr verdichtete Sprache.“

Deutschlandfunk. Büchermarkt. 28.2.17

Es gibt so einige große Romane, die nur scheinbar einem Genre zuzuordnen sind, die sich allerdings bei näherer Betrachtung jedweder Einordnung entziehen und quasi zwischen den Einteilungen vollkommen eigenständig existieren, Willi Achten hat mit 'Nichts bleibt' ein solches Werk geschaffen. Wenn Willi Achten liest, zählen nur die Worte - seine eigene Einteilung in Sätze ignoriert er vollständig. Er liest wie ein Jazzmusiker spielen würde, frei seinem eigenen Gefühl gegenüber seinen eigenen Worten Ausdruck verleihend, Kommata, Punkte und sogar Ausrufezeichen zu einfachen Symbolen auf den Papier degradierend, ständig unserem eigenen Gefühl von Betonung den Stuhl unterm Hintern wegziehend. Wir sind als Zuhörer dadurch gezwungen, aufmerksam zuzuhören, seine Interpretation des Textes mit den uns bekannten Grundakkorden des Songs in Einklang zu bringen. Coleman Hawkins würde ähnlich spielen, auf ähnliche Weise einen Song von Brubeck interpretieren, welcher als Komponist ja auch mit Zeiten und Takten gespielt hat. Entfaltet das Buch schon durch die Art, wie es geschrieben ist, einen ganz außergewöhnlichen Sog, so wertet die Art des Vortrags diesen Text noch einmal auf, durch die Interpretation des Komponisten.

Bodo Volle in: Büchereule.de

Kaufhinweis

Der Krimi „Nichts bleibt“ kann direkt beim Pendragon Verlag bestellt werden.


Klappenbroschur, 376 Seiten, PB

ISBN: 978-3-86532-568-6

Auch als eBook erhältlich.